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Der Kiwi – Schutz in Neuseeland

In Neuseeland wollte ich mehr über den Schutz des Nationalvogels, den Kiwi, lernen. Darum habe ich mich mit Finlay Buchanan getroffen, einem der Gründer von TCKC = Thames Coast Kiwi Care, der in Thames ansässigen Kiwi-Schutzgruppe.

Intention

Wie ihr wisst, ist es mir immer ein Anliegen während meiner Reise örtliche Tierschutzgruppen kennenzulernen, um in meinem Blog von ihrer Arbeit berichten zu können. Der ein oder andere wird dadurch vielleicht ermuntert, selber aktiv zu werden. Bestimmt findet sich auch in eurer Nähe eine Gruppe, die freiwillige Helfer sucht. Oder aber ihr engagiert euch für eine ausländische Organisation, die sich um den Schutz eures Lieblingstieres kümmert und sammelt Spenden. Wenn ihr Tipps zu Organisationen oder Projekten sucht, dann kontaktiert mich einfach! Ich kenne mittlerweile viele Netzwerke und habe viele Ideen, wie man aktiv werden kann. Nun aber zum Kiwi…

Der Kiwi

Der Kiwi, kleinster flugunfähiger Vogel der Welt, unterscheidet sich in einigen Aspekten, von anderen seiner Klasse. Beispielsweise befinden sich die Nasenlöcher an der Spitze seines langen Schnabels, mit dem er im Unterholz und Boden nach Würmen und Insektenlarven sucht.

Am Schnabelansatz sind die Tasthaare zu erkennen

Außerdem besitzt dieser nachtaktive Vogel am Schnabelansatz Tasthärchen, die ihm bei der Orientierung im Dunkeln helfen. Seine Körpertemperatur ist kühler und damit eher den Säugetieren ähnlicher. Er legt im Verhältnis zu seinem Körpergewicht, die größten Eier in der Vogelwelt. Das Männchen übernimmt das ca. 90 Tage dauernde Brutgeschäft, damit sich das Weibchen, nach dem Produzieren und Legen von ein bis zwei 500g schweren Eiern, erholen kann. Das neugeborene Küken ist nach dem Schlupf sofort auf sich alleine gestellt. Ohne Schutz und Lehrstunden macht es sich auf in die Natur, um herumstochernd selbst zu lernen, was es fressen kann. In dieser Phase ist das Küken seinen Fressfeinden hilflos ausgeliefert. Die, zur Dezimierung der Kaninchenpopulation, eingeführten Hermeline, stellen die größte Gefahr für die kleinen Vögel dar.

Da der Kiwi vielen Neuseeländern sehr am Herzen liegt, immerhin bezeichnen sie sich sogar als Kiwis, erfährt der Schutz dieses Vogels viel Rückhalt und Hilfe aus der Bevölkerung. So auch durch die ehrenamtlichen Mitarbeiter der Thames Coast Kiwi Care-Gruppe, die von Fin, meinem heutigen Gesprächspartner, mitgegründet wurde.

Mehr zu Fin, von TCKC

Finlay Buchanan von Thames Coast Kiwi Care mit Dr. Uscha Halla von Tripforanimals

Die Arbeit bei Thames Coast Kiwi Care ist auch für Fin rein freiwillig. Geld verdient er, als Angestellter bei DoC (Department of Conservation), also des Umweltschutzministeriums der Regierung von Neuseeland. Dort ist er Mitglied des „pest detection dog team“. Hier werden Hunde trainiert, um in Naturschutzregionen eingeführte Schädlinge wie Hermeline, Possums, Ratten,… aufzuspüren. Es geht bei ihrer Arbeit aber nicht darum, die oben genannten Säugetiere zu reißen, sondern sie anzuzeigen. So kann ermittelt werden, wie viel Arbeit noch für ihre Bekämpfung in dieser Region nötig ist. Die Bekämpfung findet leider mittels Verteilen von Giftködern statt, seltener und in kleineren Regionen mittels Fallen.

Die Arbeit von TCKC

Im ganzen Land wurden Kiwi-hot-spots ausfindig gemacht. Von Bürgern und Forschern angezeigte Sichtungen, Spuren, oder meist eher Laute in der Nacht, halfen dem DoC dabei, die restlichen Vorkommnisse der Kiwis zu detektieren. Diese Regionen gilt es nun besonders zu schützen, um den Kiwi vor dem Aussterben zu bewahren. Ein Habitat des Nördlichen Streifenkiwis findet sich bei Te Mata, in der Nähe von Thames auf der Coromandel Halbinsel. Die Vögel leben dort auf sowohl staatlichem Naturschutzgelände als auch auf privatem Grund. Um sie gegen die eingeschleppten Fressfeinde, wie Hermeline und wilde Hauskatzen zu schützen, müssen Fallen aufgestellt und kontrolliert werden. Dazu sind freiwillige Helfer aus der Bevölkerung und die Mitarbeit der Landbesitzer nötig. Also gab, der aus der Gegend stammende Fin, eine Aufklärungsveranstaltung über die Schutzplanung der Kiwis. Aus der Gruppe der Thames Coast Protection Society, die sich gegen die Betreibung von Goldminen in der Gegend einsetzte, ging daraufhin 2006 die Gruppe Thames Coast Kiwi Care hervor. Mit mittlerweile 130 Mitgliedern, davon 35 aktive ehrenamtliche Helfer, einer festangestellten Koordinatorin und 560 Fallen, wird nun die Schädlingspopulation, so gut wie möglich, gering gehalten. Finanziert werden die Projekte und das Gehalt der festangestellten Koordinatorin durch Spenden, Sponsoren und staatliche Unterstützung.

Endlich finde ich ein Land, in dem die Regierung lokale Tierschutzgruppen mitfinanziert. Das Umweltministerium (DoC) hat einen Fond, der für eben solche Projekte bestimmt ist. Organisationen können sich darauf bewerben und so staatliches Geld erhalten.

Projekte von TCKC – Fallen

Die Fallen sind extra für das Anlocken von Hermelinen konzipiert und so gebaut, dass der tötliche Schnapper nicht zufällig von anderen Tieren erreicht werden kann. Als Köder dienen Hühnereier und getrocknetes Hasenfleisch. Im Winter werden die Fallen monatlich, im Sommer alle zwei Wochen kontrolliert und wieder neu bestückt. Neben der Zieltierart, dem Hermelin, gelangen auch Ratten in die Fallen. Diese werden zwar in Neuseeland auch als Plage, da eingeschleppt, angesehen, aber eine Gefahr für den Kiwi stellen sie nicht dar. Ganz selten wird auch mal ein eingedrungener Vogel erwischt. Laut Fin geschieht das etwa 5x pro Jahr, also wirklich sehr selten. Dies liegt an der speziellen Bauweise der Fallen. Die Holztunnel sind vorne und hinten mit Gitterdraht verschlossen. Vorne, seitlich im Gitter, befindet sich ein 4cm großes Loch, durch das das kleine Hermelin in einen „Vorraum“ gelangt. Von diesem ist es, nochmal durch ein Gitter, von der eigentlichen Falle getrennt. Dorthin und zu dem Köder gelangt es nur, wenn es durch ein weiteres, dem ersten gegensätzlich gelegenes Loch schlüpft. Durch diese Bauweise wird verhindert, dass herumstochernde Vögel, oder nach dem Köder angelnde Tiere erwischt werden.

Projekte von TCKC – ONE

Neben der Prädatorenkontrolle, versucht die Regierung die Population ihres Nationaltieres durch die unterstützte und sichere Aufzucht von Jungtieren stabil zu halten, bzw. zu vermehren. Zu diesem Zweck wurde das nationale Projekt ONE = Operation Nest Egg ins Leben gerufen, in das 2014 auch TCKC involviert wurde.

Operation Nest Egg – Ablauf

Hierbei werden die Eier, kurz vor dem Schlupf, aus dem Nest geholt und im Zoo von Auckland inkubiert, bis die Küken schlüpfen. Etwa 3 Wochen lang werden sie im Zoo versorgt, bevor sie auf eine, im Hauraki-Golf gelegene Insel ausgesetzt werden. Diese Insel ist völlig frei von Fressfeinden und so können die Kleinen ungestört heranwachsen. Wie oben erwähnt, sind die Küken besonders gefährdet durch die eingeschleppten Hermeline. Fin erzählte, dass es Videoaufnahmen aus der Natur gibt, die zeigen, dass die kleinen Raubtiere, kurz vor Schlupf, die Bruthöhlen täglich kontrollieren, um das Futter frisch entgegen nehmen zu können. Mit ca. 6 Monaten wiegen sie dann 1200g und sind bereit, in ihre Heimatregion umgesiedelt zu werden. Vor dem Aussetzen werden sie medizinisch untersucht, ein Mikrochip wird eingesetzt und das Geschlecht mittels DNA-Analyse festgestellt. Auf diese Weise sind schon 50 Tiere in Te Mata angesiedelt worden.

Operation Nest Egg – Eier sammeln

An diesem Präparat in einem Schaufenster in Thames, kann man das Größenverhältnis von Ei zu Vogel sehen

Um zum richtigen Zeitpunkt an die Eier der Vögel zu gelangen, bedarf es einigen Aufwands. Männliche Tiere werden mit Hilfe von Spürhunden in ihren Schlafhöhlen aufgespürt und anschließend besendert. So kann das Bewegungsverhalten der Männchen aufgezeichnet und, wenn es längere Zeit an Ort und Stelle sitzt, der Brutbeginn ermittelt werden. 3 Wochen vor dem errechneten Schlupftermin werden die Eier aus dem Nest geklaubt. Dazu rücken Freiwillige aus und angeln mit der Hand in der Bruthöhle nach den Eiern. Diese werden dann in den Zoo von Auckland transportiert. Das zurückgelassene Männchen mit dem leeren Nest, wird sich baldmöglichst wieder mit seinem lebenslangen Weibchen paaren, die ihm darauf erneut Eier ins Nest legt. Und das Spiel beginnt von neuem. So können die Tierschützer bis zu 6 Eier pro Jahr von einem Brutpaar bekommen. Insgesamt sind in Te Mata 6 Männchen besendert. Alle 3 Jahre wird das Paar erlöst, der Sender abgemacht und neue Männchen gesucht. Damit wird verhindert, dass die genetische Variabilität in der Population verkümmert. Da alle Männchen auch mittels Mikrochip identifizierbar sind, kann vermieden werden, dass das gleiche Tier nochmals besendert wird.

Projekt von TCKC – Aufklärung

Die Festangestellte Mitarbeiterin kümmert sich nicht nur um die Organisation, Koordination und den reibungslosen Ablauf der oben beschriebenen Projekte, sondern auch um Aufklärung. Sie besucht regelmäßig Schulen in der Umgebung, um die Kinder über den heimischen und vom Aussterben bedrohten Kiwi aufzuklären. Nicht nur kann sie dadurch ehrenamtliche Helfer gewinnen (eine Gruppe von Highschool-Schülern kümmert sich regelmäßig um einen Teil der Fallen), viel wichtiger ist die Bewusstseinsbildung. Nur was man kennt und liebt, wird auch geschützt. Nicht nur Schüler, auch die Bevölkerung, vor allem Hundebesitzer müssen verstehen, ihre Hunde angeleint, oder nur mit Maulkorb in die Wälder zu führen. Der adulte Kiwi sondert offenbar einen extrem attraktiven Geruch aus, sodass er durch wildernde Hunde stark gefährdet wird. In den 1990er Jahren hat ein streunender Schäferhund in einem Gebiet mit 1000 Kiwis, 500 Exemplare davon gerissen. 2x pro Jahr findet deshalb ein Kiwi-Abneigungstraining für Hunde statt. Auch Hauskatzen, die in den Wäldern umherstreifen, stellen eine große Gefahr dar. Laut Fin, gibt es leider viele Menschen, die ungewollte Katzenwelpen einfach in den Wäldern aussetzen, wo sie sich natürlich ihr Fressen auch unter den heimischen Vögeln suchen.

Informationen über TCKC in Thames

Poster an öffentlichen Plätzen, Neswsletter zweimal jährlich, Fundraising Veranstaltungen und “Achtung-Kiwi“ Schilder sollen auch bei den Erwachsenen zu einer Bewusstseinsbildung führen.

Mehr Video und Bildmaterial von TCKC findet ihr auf deren Facebook-Seite.

Dieser Kiwi wurde von einem Hund getötet. Zu Lehrzwecken wurde er präpariert und kann im i-Zentrum in Coromandel Town betrachtet werden

Wie kann ich helfen?

Wenn du die Gruppe der TCKC in ihrer Arbeit unterstützen möchtest, aber nicht in Neuseeland wohnst, um aktiv zu werden, ist vielleicht eine Mitgliedschaft etwas für dich. Mit Hilfe dieser regelmäßigen Einkünfte, kann die Gruppe die Köder der Fallen, die Fallen selber und die einzige bezahlte Mitarbeiterin (ohne die die Arbeit nicht so effektiv möglich wäre) finanzieren.

Gewusst?

Wusstet ihr, dass die Kiwi-Frucht, eigentlich Chinesische Stachelbeere heisst? Da sie aber hier auf Neuseeland die meisten Exportfruechte angebaut werden, hat sich auch hier der Name des Vogels etabliert.