International animal rescue Indonesia erhält zwei Zentren in Indonesien, beide geführt durch Karmele Llano Sanchez. Eines ist die Auffangstation für Plumploris und Makaken auf Jawa, in dem ich mich gerade befinde. In dem zweiten, auf Borneo liegenden Zentrum, arbeitet das Team zur Rettung der Orang-Utans.
Warum mein Besuch?
Da ich durch meine Doktorarbeit und meine kleine Studie hier an weißen Blutzellen bei Plumploris etwas Erfahrung in Laborarbeit gesammelt habe, lud mich Karmele nach Borneo ein. Hier könnte ich meine Studie auf Orang-Utan-Blut ausweiten und das medizinische Team in die Laborarbeit einführen.
Die Möglichkeit nach Borneo zu kommen und noch dazu in ein Rehabilitationszentrum für Orang-Utans, mit dem Team dort zusammen zu arbeiten, ihnen sogar zu helfen und vielleicht auch noch Kontakt zu den roten Menschenaffen zu haben, muss man mir natürlich nicht öfter als einmal anbieten.

Und so reisten ich und Ecki vergangene Woche nach Borneo, genauer nach Ketapang in Westkalimantan.

Auf dem Flug konnte man dichtbewaldete Natur mit, sich darin meandernden Flüssen sehen. Leider machten aber Palmölplantagen den weitaus größeren Teil der Oberfläche aus.
Das Zentrum
Das Rehabilitationszentrum liegt auf einem großzügigen Gelände, welches zum größten Teil bewaldet ist und zum Auswilderungstraining für Orang-Utans verwendet wird.
Aufbau
Es ist in mehrere, durch Elektrozäune und Wasserläufe getrennte Inseln aufgeteilt. Je nach Ausbildungsgrad werden dort unterschiedliche Orang-Utan Gruppen für ein Leben in Freiheit trainiert. Die Fortgeschrittenen leben Tag und Nacht im Wald, während Babygruppen von den Pflegern abends zurück in ihre Käfige gebracht werden, wo sie Zusatznahrung wie Milch bekommen.


Und diese Momente in denen ein Schubkarren voll kleiner roter Menschenaffen an dir vorbei fährt und du ihnen beim genüsslichen nuckeln an der Milchflasche zusehen kannst, sind unvergesslich. Aber wenn ich in ihre Augen blicke, sehe ich auch das erlebte Trauma, das hilflose Alleinsein und die fehlende Mutterliebe und darum ACHTUNG: süß, aber nicht glücklich!
Arbeit mit den Orang-Utans
Tagsüber in den Wäldern bekommen diese Waisen über mehrere Jahre von ihren menschlichen Eltern alles beigebracht, was sie wissen müssen, um in der Natur zu überleben. Dabei werden sie verhaltensbiologisch und medizinisch überwacht.
Die Tierklinik

Das veterinärmedizinische Team besteht aus 8 Tierärzten und Tierarzthelferinnen die sich Tag- und Nachtschichten aufteilen und auch die Auswilderungsorte besetzen müssen.

Die Tierklinik befindet sich dicht bei den Käfigen und der Babystation.



Sie besteht aus einem Behandlungsraum, einem OP und einem Labor. Gegenüberliegend von der Klinik befindet sich ein zusätzliches mikrobiologisches Labor. So können Anzuchten von Bakterien und PCR Untersuchungen vor Ort durchgeführt werden. Das ist ein großer Vorteil, da auf Borneo der Weg zum nächsten Labor weit ist.
Weitere Gebäude

Zusammen mit dem Bürogebäude und einem Volontärhaus sind das alles Einrichtungen, die nur durch ein Sicherheitstor mit begrenzter Zugangsberechtigung erreicht werden können.
Außerhalb dieser Kontrollstation wird gerade das neue Schulungszentrum, im Stil von einheimischen Gebäuden gebaut.
Mein Aufenthalt
Im 30-minütig entfernten Ketapang befindet sich ein zweites Volontärhaus, in dem ich untergebracht war. Täglich wurde ich morgens von einem Fahrer abgeholt und zum Zentrum gebracht.

Dort führte mich mein Weg vom Parkplatz vorbei an Gemüsefeldern mit biologischem Anbau, hin zur veterinärmedizinischen Station. Hier wartete meist schon Affenblut auf mich, welches ich zusammen mit den Tierärzten und der Labormitarbeiterin untersuchte.
Im Behandlungsraum kümmerten sich die Mitarbeiter um ein, an Dengue-Fieber erkranktes Orang-Utan Baby mit Namen Angung.

Über Angung kann uns Ecki bald mehr erzählen. Er hatte Zeit sich mit ihr eingehender zu beschäftigen und ihr zu helfen wieder Appetit auf Bananen zu bekommen!
Der Weg eines Orang-Utan
Ihre Herkunft
Die hier ankommenden Orang-Utans sind größtenteils beschlagnahmte Tiere aus dem illegalen Wildtierhandel oder wurden als Haustiere gehalten und konfisziert. Da es sich um artgeschützte Tiere handelt, ist der Handel und Besitz verboten. Leider sind die Babys aber sehr menschenähnlich (vielleicht sogar noch süßer) und darum gibt es immer noch Leute, die sie als Kindersatz oä halten wollen. Die Babys sind entweder Beifang, wenn die Mütter zum Verzehr gewildert wurden. Oder es werden gezielt Babys tragende Tiere gejagt, um die Kleinen verkaufen zu können. Neben ehemaligen Haustieren, befinden sich auch Opfer der rigorosen Rodung der Wälder unter ihnen. Für fen Anbau von Palmöl, müssen Wälder weichen und damit gehen jahrtausende alte Wälder, Habitate der Orang-Utans kaputt.
In der Quarantäne
Egal welcher Herkunft, alle ankommenden Orang-Utans müssen primär zwei Monate in einer Quarantänestation verbringen. Dort werden neben der Untersuchung auf Malaria, auch mögliche Infektionen mit Tuberkulose getestet. Da Tuberkulose vom Affen auf den Menschen übertragen werden kann, muss eine solche Infektion ausgeschlossen werden. Und da wir den Tieren diese und andere Infektionserreger auch weitergeben können, müssen alle Besucher und Mitarbeiter eine Quarantänezeit, mit Untersuchung auf Tbc einhalten und immer Mundschutz tragen.
Die Zeit der Ausbildung

Nach der Quarantäne kommen die Tiere in andere große Käfige. Nach und nach wird versucht, gerade die Babys zu Gruppen zusammenzuführen, um sie zu sozialisieren. Da Orang-Utans die einzigen solitär lebenden Menschenaffen sind, werden die heranwachsenden Tiere meist alleine untergebracht. Je nach Alter, Verhalten und Ausbildungsstand dauert die Ausbildung unterschiedlich lange.
Die Auswilderung

Wenn die Affen endlich bereitet zur Wiederauswilderung sind, muss die Genehmigung durch die Regierung eingeholt und ein geeigneter Auswilderungsplatz gefunden werden. Der Auswilderungsplatz muss vor Wilderei und Kahlschlag sicher sein, und genug Futter für die in ihm wohnenden Tiere produzieren.

Nach der Freilassung wird jedes Individuum zwei Jahre lang beobachtet und notiert, wo es sich aufhält, mit welchen Aktivitäten es seinen Tag verbringt und was es frisst. So kann der Auswilderungserfolg (durch zeigen von natürlichem Verhalten) registriert, oder aber bei abnormen Verhaltensweisen frühzeitig eingeschritten werden.
Die Arbeit des IAR-Teams
Neben der klinischen Arbeit am Tier, laufen viele weiteren Projekte im IAR Zentrum. Dazu gehören Feldforschungsprojekte, der Kampf gegen illegale Abholzung, Kampagnen gegen die Ausweitung der Palmölplantagen und vor allem Aufklärungsarbeiten.

Um Schulungen für Lehrer, Imame, Priester, Holzfirmen und Palmölplantagenbesitzer im großen Stil durchführen zu können, wird gerade das neue Schulungszentrum mit Übernachtungsmöglichkeiten gebaut. Eine interaktive Ausstellung, mit Livecam zu den Gehegen soll es auch geben. So können Schulklassen, oder “Laufkundschaft“ mehr über diese rothaarigen Menschen aus dem Wald (Orang = Mensch, Utan = Wald) erfahren, ohne das Gelände betreten zu müssen. Das war bisher nur einmal im Jahr, am Tag der offenen Tür möglich.

Was können wir tun, um unsere Verwandten aus den Wäldern zu retten?
Ich bin sehr gespannt, wie sich die Situation hier auf Borneo verändern wird! Auch wir, weit weg von dieser Insel mit ihren einzigartigen Bewohnern, können etwas zur Rettung der wertvollen Wälder beitragen, indem wir versuchen Produkte mit Palmöl zu vermeiden und keine Möbel aus Urwaldholz kaufen.