Uscha und ich besuchten vor kurzem ein Krankenhaus für Orang-Utans. Das sind Menschenaffen mit rotem Fell.

Eine kleine Patientin lag in einem Bettchen und schlief. Sie hieß Angung und die Tierärzte erzählten uns, was sie hat, welche Medikamente sie bekommt und wie sie herausgefunden haben, was sie hat. Aber ich kann mich an gar nichts mehr erinnern! Das war zu kompliziert für mich!

Aber das Röntgenbild von dem kleinen Affen fand ich toll! Lange habe ich es betrachtet, bis Angung aufgewacht ist und mich anblickte.

Oi, bist du süß! Was für große dunkle Augen du hast! Da könnte man fast neidisch werden! Ich bin echt stolz auf meine Augen! Guck mal, ich kann das eine nach vorne richten und mit dem anderen schaue ich gleichzeitig nach hinten. Aber deine sind so schön groß und dunkel. Nur… warum schaust du denn so traurig?
“Ahhhch ich bin so furchtbar krank… mir ist heiß und kalt. Es geht mir im Moment nicht so gut. Ich habe Fieber sagen die Menschen. Sie sagen das, nachdem sie mir ein Plastikkästchen unter den Arm gesteckt haben.

Dann schütteln sie ihren Kopf und streichen mir über meinen. Oft kontrollieren sie die Plastikflasche, die da oben hängt. Sie nennen sie Infusion. Durch dieses dünne Schläuchlein hier, gelangt Wasser in meinen Körper.“
Warum brauchst du diese Infusion?
“Weil mir so elend ist, hab ich gerade gar keine Lust auf Essen und Trinken. Flüssigkeit ist aber wichtig für den Körper, gerade bei Fieber. Außerdem habe ich Durchfall!

Darum wurde mir auch diese komische Hose angezogen. Die Menschen nennen sie „Windel“. Sie fängt mein Pipi und Kaka auf. So gibt es keine große Sauerei.“
Ja aber das ist ja furchtbar, wenn du nichts isst und trinkst, gleichzeitig aber Durchfall hast! Du brauchst doch Energie! Schau mal, hier liegt eine ganz leckere Banane! Affen mögen doch Bananen?!

“Das ist wirklich lieb von dir! Mmmmh, ja sie riecht gut und schmeckt auch lecker, aber mir wird gleich wieder übel, wenn ich was esse… nicht mal Milch mag ich trinken.“

Ich dachte ja nur… dann bräuchtest du den Schlauch nicht mehr. Das tut doch bestimmt weh!


“Wie das Wasser in mich läuft, spüre ich nicht. Nur wenn sie den Schlauch mit einer Nadel in mich schieben, tut es weh. Mein Trick ist, einfach nicht hinzuschauen und mich ganz fest an Dede zu klammern. Dede kümmert sich um mich, seit ich hier bin.“
Wie lange bist du denn schon hier in diesem Center?
“Fast ein Jahr.“
Und wie bist du hierher gekommen?
Angungs Geschichte
“Ich war noch ganz, ganz klein, aber ein Orang-Utan vergisst nie! Ich kann mich noch gut an meine kuschlige und warme Mama erinnern. An ihr konnte ich mich so gut festklammern! Sie hatte so schöne lange Haare. Kupferrot, ein bisschen gewellt und ganz dicht!
Wir lagen zusammen in einem Nest aus blätterbesetzten Zweigen, welches meine Mama gerade für uns gebaut hatte. Wir wollten die heißen Mittagsstunden dort verbringen. Nur sie und ich, aneinandergeschmiegt, die Liebe des anderen spürend. Als plötzlich um uns herum lauter Lärm losbrach! Der Baum neben uns fiel um. Äste brachen, Vögel flogen kreischend in die Luft und dann vibrierte die Erde. Meine Mutter schrie entsetzt auf und spähte über den Rand unseres Nests. Und plötzlich fing unser Baum an, zu zittern. Ich versteckte mich unter den starken, langen armen meiner Mama, die eilig versuchte von dem Baum zu fliehen. Aber es war zu spät, der Baum kippte. Und von dem Moment an weiß ich nichts mehr.
Zu mir gekommen, bin ich erst wieder in einem kleinen Käfig, der in einem schaukelnden Auto stand. Ich hatte niemanden an den ich mich klammern konnte! Nur die Gitterstäbe gaben mir Halt. Die nächsten Tage vergingen für mich, ohne dass ich so richtig wusste, was geschieht. Ich war nur unendlich traurig, hatte Angst und mir war kalt, so ohne meine Mama. Ich habe sie nicht wieder gesehen und ich weiß nicht, was mit ihr passiert ist. Irgendwann kamen Leute in den Raum, in dem mein inzwischen sehr dreckiger Käfig stand und nahmen mich mit. Sie brachten mich hier in dieses Zentrum, wo ich ein großes helles Gehege bezog. Zum ersten Mal seit meinem Leben im Wald, umgriffen meine Hände wieder Äste, roch meine Nase wieder den Duft von Blättern und das Beste war, ich konnte mich unter einer weichen Decke vor der Welt verstecken.
Aber nun bin ich krank und vermisse meine Mama sehr. Wenn ich mich hier an dieses Kuscheltier schmiege und die Augen schließe, träume ich von dem warmen Körper meiner Mama, fühle wieder ihr gutes Herz an meinem Ohr schlagen. Du weißt ja, wie das ist: wenn es einem schlecht geht, dann fehlt einem die Mama umso mehr.“
Nein, das weiss ich nicht. *seufz* ich hatte nie eine Mama. Als ich aus dem Ei geschlüpft bin, musste ich mich erstmal durch dreckigen Sand an die Luft kämpfen und dann, nichts wie weg, in ein Versteck. Ich war komplett auf mich alleine gestellt, und hab mir alles selber beigebracht. Aber Reptilien sind ja auch komplett anders als Säugetiere. Reptilien haben Schuppen, sind kaltblütig, haben kein Zwerchfell, … ohh, jetzt ist Angung eingeschlafen, glaube ich!
Angungs Zukunft
Angung wird noch viele viele Jahre Training in diesem Zentrum vor sich haben, bevor sie bereit ist, im Dschungel alleine zu überleben. All diese Jahre hätte sie bei ihrer Mama verbracht, wenn die Menschen sie nicht getrennt hätten. Uscha erzählte mir, dass die Wälder hier auf Borneo abgeholzt werden, damit Platz für Plantagen ist. Dort wird Palmöl produziert. Dieses Öl wird in vielen Produkten wie Lotion, Duschgel, Waschmittel, Brotaufstrich, Margarine… verwendet. Aber stell dir vor, du geniesst dein Schokobrötchen und weisst gleichzeitig, dass ein Orang-Utan Baby darum seine Mama für immer verliert! Schmeckt das noch?
Ich wünsche Angung für ihre Zukunft alles Gute und hoffe, dass sie in ca. 7 Jahren in Freiheit, in einem geschützten Wald leben kann und vielleicht selber Mama wird!